Quartalsbericht 4. Quartal 2024:
Fortsetzung der maßvollen globalen Konjunkturdynamik
Das 4. Quartal 2024 wartete weiterhin mit maßvoller Konjunkturdynamik in der Weltwirtschaft auf. Die Geopolitik wirkte sich durch Eskalationen und verschärfte Sanktionsregimes weiter belastend aus. Sie ist und bleibt der entscheidende Grund für Zurückhaltung der Wirtschaftssubjekte weltweit.
Der Internationale Währungsfonds bestätigte im Oktober 2024 die Wachstumsprognose gegenüber der April-Prognose für das Wirtschaftswachstum der Weltwirtschaft im laufenden Jahr bei 3,2 % (2023 3,3 %). Das Wachstum bleibt laut IWF aber global ungleich verteilt. Industrieländer werden laut aktueller IWF-Prognose 2024 um 1,8 % (April-Prognose 1,7 %) zulegen, während die aufstrebenden Länder die Wirtschaftsleistung um 4,2 % (April-Prognose 4,2 %) ausweiten werden
Der so genannte Globale Süden bleibt der Taktgeber und Stabilisator der Weltwirtschaft. Innerhalb des Globalen Südens ist Asien bezüglich der Wirtschaftsentwicklung dominant.
Tabelle 1: IWF-Prognosen Wirtschaftswachstum
© Netfonds AG
Während Asien der Motor der Weltwirtschaft bleibt, kann sich die USA stabil verbessern. Die Eurozone hingegen zeigt sich weiterhin gelähmt, insbesondere weil die deutrsche Wirtschaftspolitik selbstmörderisch wirkt, das als kranker Mann Europas weiter zurückfällt.
Die Inflationsentwicklungen lieferten im 4. Quartal 2024 überwiegend leicht steigende Zahlen. Wesentlicher Hintergrund war das Auslaufen von Basiseffekten und Preisanstiegen im Bereich der Nahrungsmittel (z.B. Kaffee, Kakao, Weizen). Auch Ölpreise wirkten sich mit einem Anstieg um rund 3 % im Quartalsvergleich inflationstreibend aus.
Tabelle 2: Entwicklung der Verbraucher- und Erzeugerpreise
Fazit: Die Weltwirtschaft hält trotz Krisenherden das Niveau der Dynamik. Die Homogenität zwischen den Wirtschafts-räumen des Westens und des Globalen Südens im Konjunkturverlauf läuft auseinander. Während sich der „Globale Süden“ untereinander weiter globalisiert und organisiert, Effizienzen erhöht und globalisiert und organisiert, Effizienzen erhöht und Wachstumspotentiale generiert, läuft der „Westen“ das Risiko durch Abgrenzungspolitik gegenüber China und Russland unter-proportional zu wachsen.
Die Perspektive: 2025, ein Jahr der Chancen?
Eine kurzfristige Trendwende zu leicht erhöhter globaler Wirtschaftsdynamik ist am Ende des 4. Quartals 2024 für das 1. Quartal 2025 und darüber hinaus vor dem Hintergrund einer zukünftig entspannteren geopolitischen Lage (Ukraine) dank der Wahl Donald Trumps zum kommenden US-Präsidenten erkennbar. Andererseits steht zu befürchten, dass sich der Brandherd im Nahen Osten unter Trump eher ausweiten könnte.
Trump wird versuchen mit Steuersenkungen, Deregulierung und Konjunkturprogrammen die Wirtschaft anzukurbeln, Auch die in China aufgelegten Konjunkturprogramme ver-bessern den regionalen als auch globalen Ausblick. Die EU agiert statisch und ist voraus-sichtlicher Verlierer dieser Konstellation. Die beiden Schwergewichte der EU, Deutschland und Frankreich, wirken politisch dysfunktional und kaum dazu in der Lage, notwendige große strukturelle Anpassungen im erforderlichen Maße zu bewältigen.
Dem Optimismus entgegen stehen Trumps im Wahlkampf angekündigten Zollverschär-fungen. Jüngste Äußerungen zeigten aller-dings konziliantere Töne gegenüber China. Messbar ist das an der veränderten Zollankündigungspolitik Trumps. Die Höhe der geplanten Zölle auf Chinas Exporte in die USA wurde zunächst verbal von 60 % auf 10 % reduziert. Entspannungen in diesem bilate-ralen Verhältnis hätten positive Rück-wirkungen auf das globale Wirtschaftsumfeld.
Bezüglich der Ukraine-Krise sind trotz der Eskalation seitens der aktuellen Biden-Regierung Vorbereitungen auf eine diplomatische Lösung in näherer Zukunft wahrscheinlich. Der Nahost-Konflikt bleibt wie erwähnt kritisch.
Die vom Westen forcierte Geopolitik mit verschärften Sanktionsregimen, zeitigen bremsenden und spaltende Konjunktur-einflüsse. Das gilt vor allen Dingen für den Westen selbst wegen rückläufiger Absatz-märkte und eingeschränkter Beschaffungs-märkte. Trägt man in Europa diesen Realitäten Rechnung?
Die bisherige Politik beeinträchtigte auch die Schwellenländer, ohne deren positive Grundtendenz zu gefährden. Um dieser Belastung durch den Westen entgegen-zuwirken, wurden und werden die Strukturen des Globalen Südens weiterentwickelt, allen voran die BRICS-Organisation (BRICS Treffen in Kasan im Oktober), die vor einer weiteren deutlichen Ausweitung steht. Die Ankündigung weiterer Partnerländer steht zeitnah an. Der konstruktive Strukturaufbau erhöht perspektivisch das Potentialwachstum der Teilnehmerländer.
Die nach vorne gerichteten Wirtschaftsdaten deuten auf eine etwas ausgeprägtere Konjunkturdynamik hin. Der von JP Morgan für die Weltwirtschaft ermittelte Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft (Global Composite PMI) signalisierte per November 2024 mit 52,4 Punkten eine leicht positive Tendenz nach der Abschwächung per August/September.
Die Einkaufsmanagerindices (PMIs) des Verarbeitenden Gewerbes für die westlichen Länder deuten auch als Folge der Sanktionspolitiken auf Kontraktion.
Der Dienstleistungssektor hingegen war nicht nur im 4. Quartal 2024 weiterhin der entscheidende Katalysator des Wachstums. Er ist zum bedeutendsten Sektor der Gesamtwirtschaft mit einem Anteil zwischen 60%-70% der Gesamtwirtschaft gewachsen. Der Dienstleistungssektor der Eurozone war laut Quartalsvergleich stabil. Die USA verzeichneten eine verstärkte und hohe Dynamik. Großbritanniens positive Dynamik schwächte sich auf das Niveau der Eurozone ab. Gleiches gilt für Japan. Russlands PMI legte zu. Indien hält weiter den Spitzenplatz, Brasilien verliert an positiver Dynamik, China gewann an Momentum.
Tabelle 3: Einkaufsmanagerindices des Dienstleistungssektors im Vergleich
Die vollzogenen Zinssenkungen und die Erwartung weiterer Zinssenkungen liefern für die Verstetigung der Wirtschaftsaktivität grundsätzlich Unterstützung. Neben den damit einhergehenden reduzierten Finanzierungskosten am Geldmarkt (bis zu 12 Monaten) ergibt sich eine psychologische Unterstützung für die Wirtschaftsakteure durch die Zinssenkungen.
Gleichwohl stiegen zuletzt an den Rentenmärkten die Renditen. Der Ertrag der 10-jährigen Bundesanleihe legte im Quartals-vergleich von 2,13 % auf aktuell 2,36% zu. In den USA kam es zu einem erheblichen Renditeanstieg im Ultimovergleich von 3,79 % auf 4,52 %.
Ergo entlasten die Zinssenkungen lediglich am kurzen Ende der Zinskurve. Das lange Ende der Zinskurve, das insbesondere für die
Investitionstätigkeit und die Immobilien-märkte von Relevanz ist, generiert noch keine Entlastung, sondern belastet.
Die verfügbaren Fakten liefern keine Grundlagen für einen starken Trendwechsel der Weltkonjunktur, aber sehr wohl ein positives Chancenprofil. Die Spreizung bezüglich der Konjunkturentwicklungen zwischen den Industrienationen wird sich zu Gunsten der Schwellenländer fortsetzen. Die Spreizung der Konjunkturentwicklungen innerhalb der Eurozone zu Lasten Deutschlands wird ohne massive Umsteuerung in Berlin nicht abnehmen.
Der Finanzmarkt und die Wirtschaft
An den Finanzmärkten ergaben sich im Herbstquartal viele Neubewertungen. Westliche Aktienmärkte gewannen Boden, fernöstliche Aktienmärkte gaben nach. Rentenmärkte waren schwach. Krypto-Anlagen reüssierten. Der USD war gefragt!
Aktienmärkte: Divergentes globales Bild
Das Herbstquartal war für die westlichen Aktienmärkte mit Ausnahme des EuroStoxx 50 und unter Inkludierung des Nikkei positiv. Das gilt jedoch nicht für den Rest der bedeutenden Aktienmärkte des Fernen Ostens. Dort dominierten Verluste.
Diese Divergenz machte sich am MSCI-World Index fest, der im Quartalsvergleich trotz des hohen Anteils an US-Werten leicht an Boden verlor.
Tabelle 4: Vergleich der Aktienmärkte im Quartalsvergleich
Die klassische Jahresschlussrally versandete Mitte Dezember (DAX 13.12.2024 mit Allzeithoch bei 20.522,82 Punkten). Global ergab sich die schwächste Performance der Jahresendrallye seit 1966.
Erstaunlich erscheint, dass trotz des starken Wachstums in Asien, insbesondere in Indien, deren Indizes zuletzt deutlich unter die Räder gerieten, während die hoch bewerteten US-Märkte weiter im Aufwärtstrend blieben. Ursache sind Gewinnmitnahmen, nach zuvor starken Zuwächsen, die Jahresbilanz der asiatischen Märkte bleibt positiv.
DAX trotzt der Wirtschaftslage
Der Deutsche Aktienindex DAX wuchs auch im 4.Quartal um gut 3% und kommt im Jahresvergleich auf fast 19% Zuwachs. Dies steht in komplettem Kontrast zu der wirtschaftlichen Lage Deutschlands.
Die Erklärung ist einfach. Die großen Konzerne verdienen ihr Geld weltweit, insbesondere in MDAX (mittlere Unternehmen) und SDAX (kleine Unternehmen) ab, die auch in 2024 Verluste generierten und seit 3 Jahren ein negatives Bild liefern. Der MDAX verlor 5,7%, der SDAX 1,8%
Chart 1: Entwicklung von DAX, MDAX und SDAX über 3 Jahre
Rentenmärkte: Steigende Renditen im Quartalsverlauf, aber nicht in China
Die Rentenmärkte der USA und Europas zeigten sich im Verlauf des 4. Quartals 2024 in schwacher Verfassung. Hintergründe sind reduzierte Leitzinssenkungserwartungen, höhere Verbraucherpreise und teilweise unsolide Staatsfinanzen. Das gilt auch für Japans Rentenmärkte, jedoch nicht für China. Dort wirkten sich die Zinssenkungen am Kapitalmarkt umfänglich entlastend aus. Hintergrund ist die im Gegensatz zu den westlichen Ländern rückläufige und schwache Inflationsentwicklung.
Tabelle 5: Vergleich der Rendite-Entwicklungen an den Rentenmärkten:
Fazit: Die in Q4 nicht mehr gegebene Wirkung der Leitzinssenkungen westlicher Notenbanken am Rentenmarkt unterminiert deren Wirksamkeit im Hinblick auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen, die maßgeblich kapitalmarktabhängig ist. Die Kosten der Staatsfinanzierung in westlichen Ländern verteuern sich unter diesen Prämissen. Die steileren Zinskurven liefern einerseits Normalität am Zinsmarkt, können sich aber negativ für die Wirtschafts-entwicklung wie auch für die Bewertung an Aktienmärkten liefern.
Der Faktor der US-Leistungsertüchtigung gekoppelt mit reduzierten Zinssenkungs-erwartungen wirkte sich für den USD unterstützend aus. Die Lähmung in Europa, erkennbar an mangelndem Reformwillen, an ideologischer Ausrichtung in der sensiblen Energiepolitik und moralisierender Außenpolitik, impliziert weitere Substanzverluste Europas im Theater der Weltwirtschaft mit negativen Implikationen für den EUR. Die labilen Verfassungen vieler westlicher Staatshaushalte und die sukzessive Abkehr des Globalen Südens vom westlichen Finanzsystem wirkten sich auf Gold und Krypto-Anlagen unterstützend aus. Eine Fortsetzung der derzeit stabilen Verhältnisse am Kapitalmarkt ist möglich, positives Potential ist grundsätzlich gegeben.
Herzlichst Ihr
Hartmut Leinweber
unterstützt von Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds AG
Bildquellen / Copyright: Shutterstock
Copyright / Quelle / Zuerst erschienen bei: https://www.netfonds.de